Nein, ein griechischer Schuldenschnitt sei völlig ausgeschlossen! Nicht unter Freunden! Es gäbe ja Verträge, die einzuhalten wären. Nur nicht von jedem. Vieles war ausgeschlossen, wozu es dennoch kam, auch ein weiterer Schuldenschnitt, der offiziell gar keiner sein muss…

Griechenland benötigt 2015 wieder 22 Milliarden frische Euro, um seine Gläubiger zu bezahlen – jetzt mit einem Alexa Tsipras an der Spitze. Vor ihm wurden die Griechen vorher eindringlich gewarnt, was aber nichts genutzt hat, wie das Wahlergebnis vom Sonntag zeigt. Es heißt auch, Tsipras treibe die Spaltung Europas voran. Man könnte auch sagen, das Wahlergebnis ist der Beweis für eine tiefe kaum öffentliche Spaltung Europas und das Versagen von Politik und künstlich geschaffenen Märkten. Andere Kommentatoren meinen, Angela Merkel stehe vor dem Scherbenhaufen ihrer Krisenpolitik.

Wie undankbar doch die Griechen seien, heißt es am Stammtisch, trotz der vielen Milliarden, schäumt es. Eins vorweg: Die „Griechen“ haben gar nichts bekommen, außer eine finanzielle Schockstarre und die Erfahrung, wie gut doch Europa für sie sei. Die Bewohner anderer Euroländer werden Ähnliches empfinden.

Von den 280 Milliarden Euro „Hilfsgeld“ kamen 80 Milliarden Euro aus Deutschland. Letztlich landeten die Summen bei Banken und Hedgefonds, welche die Papiere der öffentlichen Hand überließen. Genießer schweigen bekanntlich. Dafür geht der Krisenwalzer um eine Viertel Billion Euro in eine neue Runde. Bekommen wir „unser“ Geld zurück? Ja klar! Nur was wird es bei Zahlung wert sein? Das wissen nicht mal die Zentralplaner in Politik und EZB.

Am Verhandlungstisch sitzen nun also Alexis Tsipras von Syriza und Panos Kammenos von den „Unabhängigen Griechen“ – ein „schräges Paar“, wie der Spiegel bemerkte. Links und Rechts oder wie auch immer zusammen. Mein Opa sagte immer, Politik sei ein schmutziges Geschäft. Ich fand nie wirklich Gegenargumente für seine Behauptung, vor allem nicht, wenn man älter geworden ist. Politik und Teufel schlafen oft im gleichen Bett. Dinge, die unmöglich schienen, werden nach gewisser Zeit zu Realitäten und Versprechen zu Enttäuschungen. Nicht anders dürfte das Ergebnis des griechischen Wahlkampfes einzuschätzen sein. Die finanziell ausgelaugten Griechen hatten durchaus Gründe, jemanden zu wählen, der eine bessere Zukunft verspricht. Wie auch hierzulande werden, sobald die Stimme in der Urne verschwunden ist, auch die Versprechen eingeäschert. Warum sollte es in Griechenland anders sein?

Kein schöner Land

Dabei wurde vor Tsipras eindrücklich gewarnt und gezittert. Verwunderlich war, dass Tsipras medial nicht als zweiter Putin dargestellt wurde. War der Wahlkampf zu kurz oder seine Umfragewerte zu gut? Von Unsicherheit der Märkte redete man, vom Ende des Euro und von GREXIT, dem Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Aber warum sollte das die künftige griechische Regierung tun? Sie schlüge doch die Hand, die sie aus politischem Interesse gefüttert hat und das auch weiter tun wird. Die EU hat mindestens genauso viel zu verlieren wie Griechenland: Die Helenen rund 240 Milliarden Euro Schulden, die EU ihr Gesicht. Zudem könnte es Nachahmer in anderen Ländern geben. Vielleicht war Tsipras deshalb so gefährlich, weil er einen Hang zu unausgesprochenen Warheiten besaß.

Merken Sie sich auch den Namen Giannis Varoufakis. Dieses neue Gesicht auf der politischen Showbühne ist Ökonom und künftiger Finanzminister Griechenlands. In der französischen Zeitung „La Tribune“ sagte er:

  • „Was immer die Deutschen sagen, am Ende werden sie immer zahlen“.

Das kommt zur passenden Zeit und stimmt zuversichtlich. Und wenn nicht, dann wird der deutschen Politik doch auf plastische Art und Weise ihre Dummheit vor die Nase gehalten. Diese jedoch bezeichnet ihr Tun als europäische Solidarität. Oder sahen die vielen griechischen Regierungen Deutschen als Dukatenesel? Wie dem auch sei, Esel bleibt Esel.

Nein, das ist alles viel zu kompliziert. Während PEGIDA gegen die Islamisierung des Abendlandes demonstriert, hatte ich doch mehr Widerstand gegen die Vergemeinschaftung von Schulden erwartet. Warum man nicht vor dem Finanzministerium in Berlin demonstriert, mag die Kompliziertheit der ganzen Angelegenheit unterstreichen. Mich würde aber nicht wundern, wenn mediale Stimmung gegen die „Griechen“ aufgrund vermeintlichen Undanks jetzt hochkocht, weil das so schön einfach ist, eine deftige und wohl auch wahre Aussage eines designierten Finanzministers, als die Meinung eines Elf-Millionen-Volkes zu verstehen.

Scheitert der Euro, scheitert Europa

Europa als Kontinent ist nicht gescheitert, wohl aber die europäische Politik. Der Wahlausgang in Griechenland spricht Bände. Europa ist das, was daraus gemacht wird bzw. was eine falsche Währung und Politik aus Europa macht. Die Schuldenverhandlungen können beginnen mit ungleichen Paaren beim Pokerspiel. Am Ende wird man in die Kameras lächeln und es wird nur Sieger geben.

Dabei wurde neulich noch ein Primärüberschuss der Griechen gefeiert, also ein mehr als ausgeglichener Haushalt, wenn man die Zinszahlungen nicht berücksichtigt. Dabei ist es ein offenes Geheimnis, dass die griechische Regierung nie in diesem Jahrhundert die Schulden bezahlen kann – und wenn, dann nicht in der jetzigen Form.

Was man wohl versuchen wird, ist ein Schuldenschnitt der besonderen Art, indem man die Schuldenlast so leicht macht, dass diese sogar in Milch schwimmt. Indem man die Laufzeiten um einige hundert Jahre verlängert und die Zinshöhe auf eine Größe angepasst, die man mit dem Mikroskop suchen müsste und nicht nur mit der Lupe. Bei dieser Lösung würde jeder sein Gesicht bewahren und hat sich immer schon bewährt. Den Rest erledigt die EZB. Sollte es so kommen, wird die Politik das als Erfolg unter Freunden verkaufen.

Wer weiß schon, was 315 Milliarden Euro in zehn oder 20 Jahren noch wiegen werden? Vielleicht kostet dann ein Brötchen soviel. Zumindest strengt sich die EZB an, damit es so sein wird. Offiziell ist dann das Geld nominal nicht weg, jedoch entwertet zurück gezahlt. Und ich gehe eine Wette ein: Am Ende werden die meisten sagen, sie hätten am meisten davon profitiert, weil es ihnen gebetsmühlenartig gesagt wurde.

P.S. Wenn es aus der EU heißt, beispielsweise von EU-Kommissar Günther Oettinger, ein Schuldenschnitt in Griechenland käme nicht in Frage, dann wird er vielleicht doch kommen? So meint der Präsident der Europäischen Kommission Jean-Claude Juncker, ein Schuldenschnitt wäre nicht nötig. Juncker ist der Mann, der einst sagte, wenn es Ernst wird, müsse man lügen. Nun frage ich mich, wie ernst ist es wirklich?

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